Vielleicht ist dem ein oder andern in der letzten Zeit öfter einmal der Begriff „Teaparty“ über den Weg gelaufen. Wer da nun zuerst an ein Kaffeekränzchen denkt, liegt zwar daneben, aber mit den konservativ/liberalen Grundwerten Anstand, Recht und Freiheit lässt sich auch wieder der Bogen zum traditionellen Kaffeekränzchen in der guten, alten Zeit spannen: Aber mit guten alten Zeiten sind aber auch nicht die legendären „Tea Partys“ bzw. die „hash sessions“ der berühmten Beat-Generation-Poeten Allen Ginsberg, Jack Kerouac und William S. Burroughs gemeint.
Der Name der amerikanischen „Teaparty“ Bewegung leitet sich aus den Ereignissen im Jahre 1773 in Boston ab. Händler, verärgert über die horrenden englischen Einfuhrzölle, warfen ihren Tee lieber in das Hafenbecken, als die Zölle zu bezahlen. Dieses historische Ereignis darf auch als Initialzündung im Wiederstand gegen die Engländer betrachtet werden, der ja schlußendlich in der Unabhängigkeit Nord-Amerikas endete.
Soviel zur Historie. Seit Anfang 2009 formiert sich nun in den USA unter dem Namen „Teaparty“ eine Protestbewegung, die für individuelle Freiheitrechte, eine kleinere Regierung und die Wahrung eines konservativen Blickes auf die konstitutionelle Verfassung einsteht – dies natürlich alles unter einem liberal/konservativen Deckmantel. Man könnte beinahe sagen, die „Teaparty“ ist das, wovor sogar am rechten Rand angesiedelte Politiker, wie beispielsweise die Präsidentin des Vertriebenenbundes Erika Steibach, warnt, wenn sie davon spricht, dass in Deutschland keine Partei rechts von der CDU entstehen dürfe.
Gestern fand nun in Washington D.C. die Demonstration „Rally to Restore Sanity and/or fear“ von John Stewart und Stephen Colber statt. Beide Herren sind Gastgeber von den Late Night Shows, „The Daily Show“ und „The Colbert Report“. Mit der Demonstration rebellieren sie unter anderm gegen die teilweise absurde, einseitige US-Medienberichterstattung, bei der sich insbesondere die konservativen FOX-News Sendungen hervor tun. Als Gesicht der „Teaparty“ bei FOX kann Glenn Beck angesehen werden, der sich zusammen mit der ehemaligen Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin an die Spitze der Bewegung gesetzt hat.
Hier eine Brücke nach Deutschland zu schlagen scheint auf den ersten Blick etwas abwegig. Wer allerdings die deutsche Medienlandschaft der vergangenen Wochen betrachtet und dabei noch den Namen Karl-Theodor von und zu Guttenberg in die Runde wirft, wird ein anderes Bild bekommen. Besondere Erwähnung findet an dieser Stelle die Rolle der Stepanie zu Guttenberg. Ihr sensationslüsternes Format „Tatort Internet – Schützt unsere Kinder“ beim Trashsender RTL2 sorgt derzeit für Aufregung. Ziel der Sendung ist, Triebtäter von scheinbar minderjährigen Opfern in die Falle zu locken und sie als potentielle Kinderschänder zu outen. Dem geneigten Zuschauer wird dabei suggeriert, dass gegen das sogenannte „Child Grooming“ oder Cyber-Grooming“ – also das gezielte „Anbaggern“ von Kindern durch Erwachsene im Internet – keine Gesetze verletzt werden. Damit befindet sich RTL2 auf dem gleichen Level wie „FOX News“, deren Tatsachenverdrehung von amerikanischen Journalisten beklagt wird.
In Deutschland scheint hinzu zu kommen, dass in den vergangenen Monaten rund um das Regierungschaos bei Schwarz-Gelb, Thilo Sarazzin und Stuttgart 21, der Wunsch nach mehr Führung gewachsen zu sein scheint. Der Wunsch nach einem starken Mann, einem an konservativen, gar edeln Grundwerten festhaltenden Adeligen, der Deutschland aus der Krise führt. Krise deshalb, weil trotz Aufschwungsfantasien sich Deutschland in einer mentalen Krise befindet: die Integration gilt als gescheitert, der Bürger unmündig und die „da Oben“ machen eh was sie wollen.
So scheint zu mindestens der herrschende Eindruck bei den Bürgern zu sein.
SPON erklärte unlängst gar, „KT“ wäre so sozial, dass er eigentlich in der falschen Partei sei und sich ein Parteibuch bei den Genossen der SPD abholen müsse. Hier sei nur erwähnt, dass „KT“ immer nur so viel von „was auch immer“ ist, wie nötig – liberal bei Treffen der „Jungen Union“, konservativer Hardliner beim vermeintlichen Schutz von Kindern.
Letzten Endes kann man Deutschland nur wünschen, dass es zur Besinnung kommt, bevor es sich wie die ältere, meist weiße, amerikanische Mittelschicht in die vermeintlich liberale Demagogie des rechten Spektrums flüchtet. Vielmehr ist es wichtig die genannten Probleme, wie z.B. die Integration, anzugehen oder wie im Falle Stuttgart 21, sachlich und nachhaltig zu agieren.
So muss die deutsche Bevölkerung, mit dem ihr eigenen Demokratieverständnis, eine – für alle Bevölkerungsschichten – lebenswerte Gesellschaft zu formen und darf nicht den „KT’s“ oder deren Gattinnen, mit ihren vermeintlich hehren Moralvorstellungen anheim fallen.